Montagskolumne: Totgesagte laufen länger

 



In diesen verrückten Zeiten, in denen der Zweifel an unserer freiheitlichen Grundordnung zur Lieblingsbeschäftigung vieler geworden ist – sowohl hierzulande als auch in benachbarten Diktaturen östlich von uns –, erleben wir ein faszinierendes Phänomen: die Wiederauferstehung der Laufszene. Während der Mainstream über das Ende der Volksläufe und Marathons lamentiert, zeigt uns die Realität, dass diese Bewegung lebendig und wohlauf ist. Ja, selbst inmitten der pandemischen Wirren und politischer Unsicherheiten.

Egal? Egalität!

Bei einem Volkslauf tragen wir alle die gleichen Klamotten und stehen gleichberechtigt vor der Startlinie. Es gibt keinen VIP-Bereich, keine goldenen Tickets, keine bevorzugten Plätze. Hier zählen nur die Ausdauer, die Vorbereitung und der Wille, ins Ziel zu kommen. Jeder Läufer ist Teil eines demokratischen Mikrokosmos. Vom Anfänger bis zum Marathon-Profi – alle teilen dasselbe Ziel und die gleiche Strecke. Und manchmal auch das gleiche Schicksal. Eine demokratischere Sportart als das Laufen gibt es kaum.


Vielleicht findet gerade deshalb die junge Generation daran so wenig Spaß. Denen kann man nur zurufen: Leute, Freiheit konnte man sich noch nie downloaden, man musste dafür stets unendliche Mühen und Schweiß aufwenden. So wie beim Marathonlauf eben.

Zahlen steigen wieder!

Man könnte fast meinen, die Laufszene sei ein Modell für die Gesellschaft, in der wir leben sollten: egalitär, solidarisch und gemeinschaftlich. Doch anstatt diese positive Dynamik zu feiern, wird sie oft totgeschrieben. Der Marathon stirbt, heißt es. Die Volksläufe sind tot, klagen die Kritiker. Doch weit gefehlt! Die Zahlen zeigen eine ganz andere Geschichte. Nach dem pandemiebedingten Einbruch 2020 und 2021 erholen sich die Teilnehmerzahlen und die Anzahl der Veranstaltungen. 2022 fanden wieder rund 150 Marathons statt, eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr.


Es scheint, als hätten die Menschen das Bedürfnis nach gemeinsamer Bewegung und sportlicher Herausforderung wiederentdeckt. In einer Welt, die zunehmend von digitalen Erlebnissen und virtuellen Interaktionen dominiert wird, bietet der reale Lauf eine willkommene Abwechslung. Hier gibt es keine Filter, keine Likes, keine Follower. Nur Schweiß, Anstrengung und die unbestreitbare Freude am Zieleinlauf.

Niemals aufgeben!

Vielleicht sollten wir die Laufszene als Symbol für die Resilienz unserer demokratischen Werte betrachten. Ja, es gibt Rückschläge und schwierige Zeiten. Aber wie ein Marathonläufer, der nach einer Krise wieder aufsteht und weiterläuft, so erholt sich auch die Demokratie. Sie mag mal stolpern, mal in die Knie gehen, aber sie bleibt am Leben. Das Laufen erinnert uns daran, dass wahre Stärke und Ausdauer nicht in der Perfektion liegen, sondern im unermüdlichen Weitermachen, im Glauben an die Gemeinschaft und im Streben nach einem gemeinsamen Ziel.


Also, schnüren wir die Laufschuhe und laufen wir los. Nicht nur für unsere körperliche Gesundheit, sondern auch als Zeichen dafür, dass wir an die Werte glauben, die uns als Gesellschaft stark machen. Und wer weiß? Vielleicht finden wir auf der Laufstrecke mehr Gleichgesinnte, als wir je in einem politischen Diskursraum finden würden.

 

Euer Sportsmansfriend

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