Zu Fuß durchs Piemont - Onboarding



Dieser Blog handelt vom Laufen. Und auch wenn ich zuletzt wenig sportliche Höhepunkte berichten konnte, gelaufen bin ich doch. Und zwar 200 Kilometer und 14.000 Höhenmeter im Piemont im letzten Sommer. Nein, nicht am Stück, wiewohl es Experten gibt, die das hinbekämen. Meine Frau und ich waren zwei Wochen lang auf den Beinen. Inklusive An- und Abreise und einem Pausentag am Ortasee, drei Wochen Sommerurlaub in Italien. Aber eben in einer Ecke, die wenige kennen. Sie ist nämlich nicht sehr bequem.

Die Grande Traversata delle Alpi - kurz GTA

Die Grande Traversata delle Alpi sollte es sein, die Große Überquerung der Alpen. Gehört hatten wir von ihr auf unserer Wanderung über den Alpe-Adria-Trail. Zum Glück ist die ganze Tour 1000 Kilometer lang, wir dürfen also noch ein paar Jahre lang genießen, denn wir werden in diesem Jahr an der Stelle beginnen, die letztes Jahr unser Ziel war.

Der Weitwanderweg GTA wurde in den 1980-er Jahren geschaffen, um mittels sanftem Tourismus die Entvölkerung der Region aufzuhalten. Deshalb übernachtet man selten auf Berghütten und Almen, sondern zumeist in den Dörfern, die sich in enge Täler quetschen. Dort eine Einkommensquelle zu schaffen für Gastwirte und Bauern, das ist das Ziel des GTA-Weitwanderweges. Und das scheint in gewissen Grenzen Wirkung gezeigt zu haben. Für Wanderer heißt dies allerdings: Nach dem Frühstück um die 1000 Meter aufsteigen, nach der Mittagsrast um die 1000 Meter absteigen. Mal mehr, mal weniger. Und das täglich. Aber keine Angst, irgendwann gewöhnt man sich dran.

Humor und stinkende Socken

Ihr lest also, was uns auf der GTA so alles zugestoßen ist. Ihr lest von grimmigen Wettergöttern, von der Unglückszahl 13, von in Biwaks eingeschlossenen Wanderern, den spürbaren Auswirkungen des Klimawandels (in den Alpen eher der Klimakatastrophe), von magerem Frühstück und 9-Gänge Abendessen, von vergessen Personalausweisen, Schnarchern und Schlaflosen, Goldrausch und Schmuggelei, Leichenträgern und Wollwebern, Pinocchio und Ferrari und noch viel mehr. Und ich wünsche Euch so viel Freude beim Lesen, wie ich sie beim Schreiben hatte.

Werbung

Die mich kennen, wissen, dass ich dem Beruf des unabhängigen Versicherungsmaklers fröne. Du weißt dann auch, dass mein Engagement hier beim Nordhessencup und beim FTSV Heckershausen 1890 e.V. unter dem Label Sportsmansfriend läuft. Beim Kassel-Marathon übrigens auch. Das Geld für dieses Engagement kommt aus meiner Firma. Und deshalb schalte ich in meine Texte etwas Werbung hinein. Ich hoffe auf Dein Verständnis, mehr eigentlich auf Dein Interesse:)

Urlaub mit komischem Bauchgefühl

Wer in der Vergangenheit schon Reiseberichte von mir gelesen hat, wird wissen, wo meine Frau und ich uns in den letzten Jahren herumgetrieben haben: Vornehmlich im Osten. Vielleicht kennst Du meine Berichte über unsere Elbrusbesteigung in Russland oder unsere Bergtour im georgischen Kaukasus. Und dann hast Du auch meine Meinung zu Putin und seinesgleichen gelesen, zu den Ängsten der Georgier gegenüber Russland und dass die einfachen Menschen in Russland uns keineswegs an den Hals springen wollen. 

Und es kam doch anders

Tja, nun ist es dann doch anders gekommen. Russland ist (noch) nicht in Georgien eingefallen, aber es hat sich die Ukraine ausgesucht als Stellvertreter europäischer Denkart und demokratischer Werte. Machen wir uns nichts vor: Die Raketen mögen nach Kiew gerichtet sein, einschlagen tun sie an den Börsen und Rohstoffmärkten der Welt. Jeder Kriegstreiber weiß das und handelt danach. Nun, es geht mir hier nicht darum, eine Schulddebatte zu führen gegen unsere früheren Regierungen oder die jetzige. Und wer meint, die USA sei an allem Schuld, der mag dies gerne glauben. Ironischerweise hassen ja viele Westdeutsche die USA so herzlich wie viele Ostdeutsche noch an ihrer Sowjetunion hängen.



Darf ich ruhigen Gewissens in den Alpen herumlaufen?

Egal welcher Meinung man anhängt, man kommt in diesen Zeiten nicht umhin, sich tagtäglich damit auseinanderzusetzen. Und selbst wenn man die Nachrichten meidet, man wird immer wieder darauf gestoßen. Deshalb stelle ich mir die Frage: Wie ist das, wenn Du Ukrainerin bist und diesen Blog liest? Diesen Bericht von Sonne, Sommer, dolce Vita? Was geht dann in Dir vor? Deine Familie ist vielleicht noch dort, “dem da” ausgesetzt. Vielleicht sind Dein Mann, Dein Vater, Dein Sohn an der Front. Und dann liest Du das hier, und denkst Dir Deinen Teil. 

Was, wenn Russland Deine Heimat ist, aus der Du eben noch entkommen konntest? Was, wenn Du Dich um Familie und Freunde dort sorgst, die unter der Tyrannei zu leiden haben? Welchen Eindruck macht dann dieser Urlaubsbericht auf Dich?

Ich will zugeben, dass ich meinen Urlaub genossen habe, und dass ich mich auf die Fortsetzung freue. Aber ich will auch zugeben, dass ich ein komisches Bauchgefühl dabei hatte und hab.

Zweigeteiltes Gefühl, zweigeteilter Reisebericht

Aus diesem Grund wird der Reisebericht zweigeteilt sein. In jedem Beitrag wird es zunächst um die GTA gehen, und weiter unten dann um Tyrannei. Ich will eben nicht über das Schöne und Leichte schreiben und das Böse und Schwere vergessen. Wenn Du liest, darfst Du selbst entscheiden, wann Du aufhörst zu lesen.

Moskaus Tyrannenkolonie

Wenn ich über Tyrannei und Unterdrückung schreibe, dann über Dinge, die ich selbst erlebt habe oder aus erster Hand kenne. Ich werde also Erinnerungen aus der DDR wiedergeben, Moskaus Tyrannenkolonie auf deutschem Boden. 1987 musste ich als Zeuge vor Gericht aussagen gegen einen Kollegen, der angeblich in den Westen fliehen wollte. Ich werde weiterhin den erschütternden Bericht eines mir persönlich bekannten Mannes wiedergeben, der von der Staatssicherheit gefoltert wurde. Und dies einzig aus dem nie bewiesenen Vorwurf heraus, er habe am 17. Juni 1953 eine Aufstand angezettelt. Und ich werde die Geschichte eines Jungen erzählen, eines Kindes noch, der 1945 zusammen mit seinem Bruder von der roten Armee verhaftet wurde.

Olle Kamellen mit aktuellem Bezug

Vielleicht sagst Du nun, dass dies alles olle Kamellen seien, lange zurückliegende Geschichten, die Zeiten haben sich geändert. Leider eben nicht. Tyrannei ändert sich niemals, und gerade die Methoden der russischen Politik und des russischen Militärs haben sich seit 1815 nicht geändert. Wenn “das da” gewinnt, wenn es die Oberhand behält in diesem Konflikt, wenn sich in Deutschland und Europa Nachahmer finden, dann wird auf uns zukommen, was ich in Erinnerungen wiedergebe, und ich meine nicht meine Urlaubserinnerungen an Italien.

Wie auch immer. Ich wünsche Dir viel Spaß beim Lesen und vielleicht ein wenig Lust auf die GTA. Es lohnt sich.

Gruß aus Melsungen

Olaf 

 





 

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