Alpe-Adria-Trail - Teil 7 - Gruselige Freilichtmuseen

Schade, auch von Tolmin bekommen wir nicht viel mit. Der Abend vergeht in Gewittern und am Morgen müssen wir früh raus. Heute solls über den Kolovrat gehen, 1300 Höhenmeter stehen uns bevor, und über 30 Grad im Schatten. Blöd nur, dass in Slowenien gestern Feiertag war, alle Supermärkte sind geschlossen. So müssen wir uns am Frühstücksbuffett für unterwegs eindecken. Mit ausgebeulten Hosentaschen stehlen wir uns auf unser Zimmer und packen unsere Rucksäcke.

Endlich in Italien

Heute Abend wollen wir in Italien sein. Zwischen uns und Bella Italia ragt der Kolovrat empor. Ein geschichtsträchtiger Brocken. 

Grenzerfahrung

Am Kamm des Kolovrat verlief bis zum ersten Weltkrieg die Grenze zwischen Österreich-Ungarn und Italien. In den ersten Kriegstagen überschritten die Italiener den Kamm und bauten diesen zu Schützenstellungen aus. Von dort hatten sie zwei Täler im Blick und kontrollierten lange Zeit mit Kanonenstellungen und Beobachtungsposten die Region.

Freilichtmuseum Kolovrat

Sprengungen samt Besatzung

Ähnliche Bastionen befanden sich auf den meisten umliegenden Gipfeln. Oft trieben feindliche Truppen unter die besetzten Gipfel Tunnel  in den Fels, für Sprngungen. Die Mannschaften auf den Bergen hörten die Feinde durch die Erde das Graben und Kratzen, wurden aber nicht abgelöst. Sie wußten, dass sie irgendwann mitsamt dem ganzen Berg in die Luft fliegen werden. In dieser Region sahen die Berggipfel bis 1914 anders aus als heute.

Schützenstellungen


Auf dem Weg nach oben passieren wir immer wieder Relikte dieser Vergangenheit. An einer Stelle wurde ein Tunnel unter einem kompletten Gipfel durchgestoßen um eine Schützenstellung zu schaffen.

Im Freilichtmuseum

Der Gipfel selbst ist ein einziges Freilichtmuseum. Die Schützenstellungen und Schützengräben sind erhalten und restauriert. Der Schritt wird unwillkürlich schwerer. Wir sind vier Stunden aufgestiegen, mit exzellentem Schuhwerk und Funktionsklamotten bei erträglichem Gepäck in ergonomisch geformten Wanderrucksäcken. Außerdem haben wir Isogetränke und Powerriegel dabei. Damals, in Wolluniformen die scheuerten, im Sommer zu warm, im Winter unnütz, bei Regen nicht zu gebrauchen, mit schwerem Gepäck oder Lasten, es muß eine Qual gewesen sein. Die Unterstände kann man nicht unbedingt bombensicher nennen. Ein Fliegerangriff, und das wars. Alles wegen ein paar gekrönter Vollidioten. 300.000 Opfer forderte die Isonzofront. Kaum einer davon trug eine Krone. 

Und man kann es, gerade heutzutage, nicht oft genug sagen: Das war kein Abenteuer! Es gab keine Gewinner, nur Opfer. Wer was Anderes denkt, belügt sich selbst.

 

Kapelle für gefallene italienische Soldaten

Endlich in Italien

Still steigen wir ab und bald weht vor uns eine grün-weiß-rote Fahne. Hinter der Grenze eine Hütte. Wir sind in der Tat in Italien. Der Kaffee kostet nur ein paar Cent, das Bier ein vielfaches wie noch vor fünf Stunden. Das nennt man Inflation. Und natürlich verlaufen wir uns wieder mal und legen zwei Extrakilometer ein. Eigentlich ist der Trail in Italien besser beschildert als in Slowenien. Tja...


Tribil di Spora

Ein Bergdorf wie aus dem Bilderbuch. Wenige Gassen, für die zwischen den sich aneinander kuschelnden Häusern gerade noch Platz blieb. Der Bergrücken ist schmal, da rückt man halt zusammen. Grillen zirpen, von irgendwo trägt eine Stimme ein Lied durchs Dorf. Der Kirchuhr ist die Zeit egal, man könnte allenfalls die Jahre an ihren Rostspuren ablesen. Sie steht wohl so lange still wie im Dorfgasthof keine Gäste mehr einkehrten. 



 

Langsam wandert die Sonne Richtung Adria. Unter Weinreben sitzen Rentner mit zerknitterten Gesichern und jugendlichen Augen. Eigentlich fehlt nur noch, dass Adriano Celentano aus einem Fenster winkt. Unsere Übernachtungsmöglichkeit ist ein Ausbund an italienischem Geschmack und Gemütlichkeit. Eine Art restaurierter Alfa-Romeo aus Stein, Holz und Glas.

Tribil di Sopra bei Nacht

Das Abendessen ein Gedicht. Warum jemals noch weiterlaufen? Wohin überhaupt? Raus aus Italien? Nie wieder!

Und doch gibts noch eine letzte Etappe. Bis dahin, Euer Olaf

 Schön in Bewegung bleiben, Ihr wisst ja: 



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