Unstrut, Saale und fast ein Marathonlauf - letzter Teil der Radtour


Nichts wie raus aus der Halle/Saale. Nach 4 Tagen nahezu einsamer Radtour durch Mitteldeutschland ist diese Großstadt uns zu laut. Unser Weg aus der Stadt heraus entlang der Saale tröstet allerdings darüber hinweg, hier müßte man eigentlich anhalten und sich an den Strand legen.

Zur schönsten Stadt an der Saaale

Unser heutiges Ziel heißt Bernburg, die schönste Stadt an der Saale. Vorab sei gesagt. Wir werden nicht enttäuscht sein. 

An der Saale entlang gehts zunächst bis nach Merseburg, ehemaliger Bischofssitz und, mit dem Rad leicht zu erkunden, denn auch hier hat der coronabedingte Stopp des Alltagstempos zu leeren Straßen geführt. Sehenswert ist diese Stadt allemal.

Saalefähre - eine von vielen

Und da wir hier einen Blog übers Laufen haben, ist eine kleine Anekdote aus meiner Jugend angebracht, die sich hier herum ereignet hatte. Denn Merseburg war als Startpunkt meines ersten Marathonlaufs geplant. Und das war 1987, ist also wirklich lange her. Und schief gegangen ist es auch noch:)

Fast der erste Marathon

Wie schon beschrieben, hab ich einen Teil meiner Lehre bei der Deutschen Reichsbahn im Internat in Halle verbracht. In den Sommerferien 1987 durften wir auch an den Wochenende dort bleiben, wenn wir wollten. Was tust du an so langen Wochenenden? Laufen natürlich. Unser Wohnheim lag idyllisch mitten zwischen Gleisanlagen irgendwo im Nirgendwo, ich hatte also meine Ruhe. Gelegentlich vorbeirollende Güterwagen rissen es auch nicht heraus. Es sprach also alles für lange, lange Läufe. 

Fast am Ende - schön wars

Vorbild Waldemar Cierpinski

Zu der Zeit war ich ein großer Fan von Waldemar Cierpinski, dessen Lebensmittelpunkt ja in Halle/Saale war. Und so reifte der Plan heran, einen Marathon zu laufen. Mit der Bahn nach Merseburg und zu Fuß zurück. Ohne Getränke, ohne Verpflegung, ohne Karten oder Navi, ohne Geld. Mein Laufkollege aus dem Internat war begeister. Wir waren damals halt jung, was konnte uns denn passieren? Und wir waren leichtsinnig bis zur Schmerzgrenze. Eine Eigenschaft, die ich der heutigen Jugend unbedingt ans Herz legen möchte.

Vielleicht hätten wir die 40 km sogar geschafft, ohne Streckenkenntnis und Verpflegung, ohne Wasser und ohne Verstand. Vor allem aber ohne gründliche Vorbereitung, denn länger als 15 bis 20 Kilometer sind wir vorher nie gelaufen. 

Abfahrt und Disqualifikation

Wir stiegen also in den Zug nach Merseburg und starteten in unser Abenteuer. Als Lehrling bei der Deutschen Reichsbahn durftest du mit der Bahn umsonst fahren, nach Hause. Nun lag mein Heimatbahnhof leider in der entgegengesetzten Richtung, der meines Laufkollegen allerdings Richtung Merseburg. 

Mir war klar, dass eine Kontrolle Probleme bringen konnte, aber ich rechnete mit zwei Faktoren: Erstens wurde seinerzeit sehr selten kontrolliert und zweitens werden die Kollegen doch ein Auge zukneifen können. Taten die aber nicht. Natürlich wollte irgendwann einer unsere Fahrkarten sehen und an der nächsten Station standen wir draußen. Das ging damals noch ohne Bahnpolizei und Anzeige ab, du bist rausgeflogen und fertig. 

 

Desinfektion in Coronazeiten - ganz wichtig

Naja - gelaufen sind wir immerhin

Da standen wir dann und trotteten Richtung Halle. Im Grunde war es ein Glück für uns. Denn irgendwann wurde uns freilich klar, auf welche Heldentat wir uns da eingelassen hatten. Als wird endlich in Halle einliefen, stürzten wir auf den erstbesten Springbrunnen um zu trinken, egal wie die Brühe aussah. Ganz davon abgesehen taten uns alle Knochen weh, in den nächsten Tagen taten wir keinen Schritt zu viel.

Am Ende waren es etwa 30 Kilometer

Vielleicht denen, welche die DDR glücklicherweise nicht erleben mussten, ein Bild davon: Es gab eben nicht an jeder Ecke einen Supermarkt oder ein Geschäft in dem wir uns mit Getränken versorgen hätten können (außerdem waren wir dämlich genug kein Geld mitzunehmen). Und wir hätten auch kaum jemanden anrufen können um uns abzuholen. Nicht nur, weil es keine Handys gab, sondern auch weil die wenigen funktionierenden Telefonzellen kaum zu finden waren und private Anschlüsse so selten waren wie Westautos. Und selbst wenn wir jemanden erreicht hätten: Ob die Person ein Auto hatte, und ob das Auto gerade abkömmlich war...

 

Bernburg - Idylle und Kultur

Abschluß in Bernburg

Zurück zur Radtour: Wir landen glücklich in Bernburg und schlendern am Abend durch die doch recht belebte Stadt. Schönste Stadt an der Saale, das trifft es genau. Die Nacht verbringen wir in einem kleinen Hotel, gespannt warten wir auf das Frühstücksprozedere. Und in der Tat gibt es hier ein Bufett mit Selbstbedienung, allerdings müssen wir die Gabeln dazu vom eigenen Tisch mitbringen. 

Schade, dass unsere Tour nun zu Ende ist, denn die Unterschiede in den Frühstücksräumen sind immer wieder spannend gewesen. Wir radeln am nächsten Tag weiter bis zur Elbmündung und über Schönebeck bis Zerbst. Landschaftlich ein Traum, und wir sind, wie vom ersten Tag an, so ziemlich allein unterwegs.

 

Weltrad Restaurant in Schönebeck - und Fahrradmanufaktur

Das wars. Ich hoffe, Euch hats gefallen. Auch während Corona, sofern Ihr es irgendwie ermöglichen könnt: Bleibt in Bewegung, denn Ihr wisst ja:


Bis zum nächsten Mal,

Euer Olaf


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