Unstrut, Saale und Corona - Mit dem Rad durch ein leeres Land - Teil 4

 

Heute, da ich dies schreibe, wird die Schließung jeglicher Kultureinrichtungen ab 2. November beschlossen. Damals, als wir mit dem Rad unterwegs waren, dachten wir noch, der ganze Zauber sei spätestens im Sommer vorbei.

Eine Reise in die Vergangenheit - leider

Deshalb schwingt natürlich etwas Nostalgie mit, hier und heute. Und wenn man Schicksal, Fügung  und ähnlichem Aberglauben anhängt, dann könnte man schon folgenden Schluß ziehen: Damals fuhren wir physisch in den Osten, heute psychisch. 

Wir starten in Freyburg an der Unstrut, der Tag verspricht Sonne. Diese Etappe bis nach Halle ist landschaftlich die schönste. Durch Weinberge und an Weingütern vorbei, durch Felder und Wiesen. Ein paar Fähren laden zum Übersetzen ein, und irgendwann verpassen wir die Mündung der Unstrut in die Saale. Der Fluß wird breiter, schiffbar und ruhiger.

Geschichte und Geschichten

Mitteldeutschland ist für Geschichtsbegeisterte eine Schatzkise. Hier reihen sich Burgen und Schlösser wie Perlen an einer Schnur. Und auch die jüngere Geschichte hat hier ihre Spuren hinterlassen. Wer jemals Erich Löst´s Roman "Sommergewitter" gelesen hat, der weiß um die Rolle, die das Chemiedreieck Halle - Merseburg - Bitterfeld am 17. Juni 1956 gespielt hat.


Mit dem Rad ins Bett

Halle an der Saale, hier hab ich meine Lehrjahre verbracht. Die Stadt ist dem Krieg weitestgehend entgangen und ein Architekturmuseum. Wunderschön anzuschauen, herrlich rausgeputzt. Wir werden allerdings "beinahe" Zeugen eines Überfalls mit Gewaltanwendung und beschließen dann doch die Seitengassen zu meiden und ins Hotel zurückzukehren. In Halle, so mein Eindruck, hat sich seit meiner Lehrzeit also wenig geändert.

Vorteil heute: Das Hotel hat keine Fahrradgarage und so dürfen die Räder mit ins "Bett", also zumindest daneben.



Steuergelder effektiv angewandt

Am nächsten Morgen stehen wir gegen 8 Uhr auf und ich gehe runter in den Supermarkt, Frühstück jagen. Gegenüber des Hotels befindet sich das Finanzamt und wir können aus unserem Zimmer heraus einem Finanzbeamten direkt auf den Schreibtisch schauen. Der sitzt dort, kurz nach acht, und daddelt an seinem Handy. Vielleicht ein neues Modell, und es muss erst noch eingestellt werden. 

8:45 Uhr bin ich zurück. Der Kollege Steuereintreiber bastelt noch immer an einem Handy herum. Andrea sagt, sooft sie aus dem Fenster geschaut habe, an seiner Körperhaltung habe sich nichts geändert.

9:15 Uhr, wir frühstücken gemütlich. Der Kollege gegenüber verläßt sein Büro und kehrt kurz darauf mit einer Tasse in der Hand zurück. Tasse und Handy zugleich geht nicht, er stellt also die Tasse ab und widmet sich seines mobilen Telekommunikationsendgerätes.

10:30 Uhr, wir haben alles gepackt und verlassen das Zimmer. In diesem Moment legt der Beamte das Handy zur Seite und greift zum Hörer seinen Diensttelefons. Für ihn wie für uns beginnt nun der Arbeitstag. Unsere Etappe führt uns bis nach Bernburg, der schönsten Stadt an der Saale. Dazu aber beim nächsten Mal mehr.

Sportfreunde, wann immer dieser Artikel veröffentlicht wird: Ich hoffe, Euch allen geht es gut und Ihr habt jede Form von Bewegungseinschränkung gut überstanden.

Man sieht sich hoffentlich wieder beim Nordhessencup

Euer Olaf

 



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