Die silberne Stadt


Girokastra - UNESCO Weltkulturerbe
Girokastra, die silberne Stadt mit dem Suchtfaktor

Im Süden Albaniens, dort wo man den Himmel Griechenlands schon mit den Augen fassen kann, liegt Girokastra. Enver Hoxha wurde hier geboren und Ismail Kandare. Darf man die beidem in einem Satz erwähnen? Man darf, beide sind wichtige Meilensteine der albanischen Geschichte und Kultur. Ersterer prägte die Vergangenheit wie kein zweiter, letzterer legt die Geschichte des Landes in Worte, Sätze, Erzählungen, Romane. Wer "Der zerrissene April" liest, darf einen besonderen Blick in die tragischen Mauernischen der albanischen Geschichte werfen.

Enver Hoxha

Schwieriges Thema, wie immer mit Freiheitskämpfern die sich zu Diktatoren mausern. Fakt ist, dass unter Hoxha die Albaner zum ersten Mal über lange Zeit einen eigenen Staat haben, unter welchen Umständen auch immer. Und vielleicht, trotz aller Unbill, sind sie ihm noch heute dafür ein bisserl dankbar.
Osmanische Bauweise

Singen für den Regen?

Wir schlafen in einem Hotel mitten in der Altstadt. Es riecht förmlich nach edlen Hölzern, der Blick über die Stadt macht süchtig. Girokastra wird die silberne Stadt genannt, denn wenn es regnet, färben sich die Steindächer silbern. Regnen könnte es öfter in Girokastra. Wie wir erfahren haben, regnet es gerne mal, wenn die Südalbaner singen, so sagt man im Kosovo. Und in Girokastra wird jährlich DAS Gesangsfolklorefestival Albaniens abgehalten. Wir schlendern über den Basar, essen phantastisch. Es schmeckt, dass uns die Ohren wackeln. Wir besichtigen das Zekate-Haus, in dem die Eigentümerfamilie heute noch lebt. Das historisch, osmanische Gebäude, durch reiche Kaufleute erbaut, kann von deren Nachkommen heute nur noch die Einnahmen aus den Besichtigungen erhalten werden. Immerhin leben sie heute wieder dort. Zu Zeiten des Kommunismus war die Familie enteignet.

Feuerwehrmänner und Biergärten

Abends landen wir in Kashahs Bar in der Altstadt. Wir kommen mit dem Besitzer ins Gespräch, der bald darauf an unserem Tisch sitzt und erzählt: Sein Haus mit dem grandiosen Biergarten über den silbernen Dächern der Altstadt ist seit sieben Generationen in Familienbesitz, und er zeigt auf die Schwarzweißaufnahme über dem Tisch. Kashah selbst hatte so seine Probleme mit den Kommunisten und floh nach Griechenland, arbeitete und lebte dort. Später, nach der Rückübertragung des Eigentums, kam er wieder. Seit 2002 betreibt er nun seine Bar, seit kurzem Restaurant und Biergarten. Von Beruf ist Kashah Feuerwehrmann. Das Holz für die Innenausstattung seines Hauses hat er selbst im Wald geschlagen.

Ansichtssache

Kashah meint, das albanische Volk sei nie besiegt worden, das Land allerdings schon. Und weil immer die Sieger die Geschichte schreiben, sei die albanische Geschichte so schwer zu verstehen. Denn erst schrieben die Osmanen, dann die Russen, dann die Kommunisten auf, wie es sich ihrer Meinung nach im Land so zugetragen hatte. Heute versuchen es die Italiener und die Türken. Wer weiß, wer morgen versucht, aus Albanien einen Teil der eigenen Geschichte zu machen.
Basar in Girokastra

Der Gast in der Fremde

Und da scheint es uns doch sehr seltsam, dass wir als Fremde, in einem Land das stets von Fremden beherrscht wurde, überall so herzlich aufgenommen wurden. Albanische Gastfreundschaft trotzte jeder Besatzungsmacht. Aber das ist schon wieder eine ganz andere Geschichte.

Eine schöne Woche wünscht Euch Olaf

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