Kaffee oder Kalaschnikow in Albaniens Süden



Er heißt Bo, glaub ich. Sind halt all so schwer zu verstehen hier. Macht aber nichts, er will trotzdem mit uns befreundet sein, auf Facebook, vermutlich. Wenn so jemand auf dich zuläuft, die Machete in der Hand, dann überlegst du schon, ob du im letzten Dorf alle freundlich gegrüßt hast...

Vom steineren Dorf durchs Vjosatal

Wir wandern heute wieder durchs Vjosatal, sind nach dem Frühstück in Limar gestartet, dem steinernen Dorf, und laufen mit Blick auf den Maja Stracavic in Richtung Permet, wo wir in drei Tagen ankommen sollen. Unterwegs streifen wir Dörfer, Weiler eigentlich, teils blinde Fensterhöhlen, teils steigt Rauch aus den Schornsteinen.
Salbei
Salbeihaufen trocken in der Sonne, an manchen Hauswänden bleichen die Parolen aus der kommunistischen Epoche vor sich hin. Straßen gibts hier oben keine, höchstens Feldwege, mancherorts führen nur Steige zu abgelegenen Höfen. Esel oder ähnlich störrische Geländewagen sind Transportmittel Nummer 1 in den albanischen Bergen.
Foto: Zbulo.org

Ein Freund, ein guter Freund...

Abseits des Wegs grüßen uns Schäfer, oder eben Menschen wie Bo, der sich mit einer Axt in den Büschen zu schaffen macht. Was der hier tut, weit ab von jedem Dorf, erschließt sich uns nicht. Aber als wir vorbeigehen kommt er herübergelaufen und gibt jedem die Hand.
Was will er mir da sagen???
Bo zeigt sich völlig begeistert von uns, und da ich am Ende der Gruppe gehe, darf ich etwas länger bei ihm bleiben. Er zückt etwas, das an ein Smartphone erinnert und wiederholt ständig einen Satz in dem Facebook vorkommt. Eine Internetverbindung bekommt er aber wohl nicht hin, und so versickert meine erste digitale albanische Spontanfreundschaft in den Weiten des WWW.

Preußische Hunde

Anders als manchmal in Deutschland, sind in Albanien die Menschen deutlich freundlicher als ihre Hunde. Um die macht man nämlich besser einen großen Bogen. Im Normalfall bewachen oder hüten die irgendwas und nehmen ihren Job preußisch ernst. Die Albaner selbst dagegen sind eher drauf aus einen einzuladen und mit Kaffe und ggf. Raki zu drangsalieren.
Als ich ein paar Tage später morgens joggen gehe, weil ich die am Vortag verlorene Staubkappe meines Fotoaparates suchen will, verlaufe ich mich auf dem Rückweg promt. Oh, den Weg sah ich wohl, aber auch die Hütehunde, die plötzlich auftauchten. Also Querfeldein über Ziegenpfade.
Gut bewachte Schäferhütte - Abstand halten!

Kaffe oder Kalaschnikow

Irgendwann, ratlos zwischen dem linken Ziegenpfad und dem rechten Weg durch Dornengestrüpp hadernd, schickt mich ein Schafhirte nach links. Plötzlich stehe ich in einem Eselsgehege und kurz darauf zwischen Kürbisbeeten und Weinranken, ich bin im Gemüsegarten einer albanischen Familie gelandet, morgens kurz vor sieben Uhr. Na dann Prost.
Na klar, jetzt kommt auch noch der Hausherr, unbewaffnet, wie ich erleichtert feststelle. Hände hoch, denke ich, und mache eine entschuldigende Geste. Aber der lacht nur, schüttelt mir freundlich beide Hände und fragt nach meinem Namen. Schnell mache ich mich davon, bevor das hier in einer Kaffe- und Rakisitzung endet.
Wie bin ich hier her geraten?

Ein Albaner im Gemüsegarten


Gerne male ich mir die Geschichte andersherum aus: Kurz nach Sonnenaufgang, unweit von Köthen in Sachsen-Anhalt, ein wildfremder Albaner läuft im Garten hinterm Haus meiner Mutter herum. Vermutlich würde wenige Minuten darauf die Polizei anrücken, vielleicht auch, um den Mann in Schutzhaft zu nehmen. Mit spontanen Kundgebungen und einer wöchentlichen Demonstration müsste man wohl rechnen.
Hauswasserversorgung

Über den Pass nach Permet

Wir jedoch laufen nun auf Permet zu, der ersten größeren Stadt auf unserem Weg. Permet wird auch die Stadt der Rosen genannt. Und wie eine Rose wird Permet sich uns zeigen, zunächst voller Dornen, am Ende aber als bezaubernde Blüte. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.


Eine schöne Woche wünscht Euch Olaf

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