Nur noch Weltraum über mir |
Touristen am Abschleppseil
Ich steige langsam
aber stetig, inzwischen über 5500 Meter, seile mich an und nutze den Pickel als Stütze. Aber Leute gibt’s,
was machen die hier oben? Vor mir gehen ein Mann und eine Frau, oder sagen wir,
sie wanken. Er hat sie am Seil, sie geht alle drei Schritte in die Knie und
stöhnt. Dann legt er sich in den Gurt und zieht sie wieder hoch, zieht sie
weiter. Und die Frau war kein Leichtgewicht!
Was muss der Kerl für eine Kraft haben! Doch warum schleppt er die Frau
in diese Höhe? Sie lassen mich vorbei, fragen irgendwas, aber mit dem
Sauerstoff sind auch meine Russischkenntnisse im Tal geblieben.
Etwa 100 Meter weiter oben liegt eine Frau quer über dem
Weg und hält sich am Seil fest. Sie versucht vergeblich, sich dünn zu machen,
was ihr aber sichtlich schon ohne die dicken Klamotten schwer fallen würde. Die
Frau ist völlig am Ende, was macht die hier auf 5500 Meter Höhe?
Kondition, ein Königreich für Kondition!
Auch ich pfeife aus dem letzten Loch. Von Erzählungen
weiß ich, dass es jetzt über ein Hochplateau geht, es soll nicht mehr so
schlimm sein. Trotzdem denke ich ehrlich darüber nach, umzukehren. Scheiß
drauf, ich war hier, das reicht. Links ist etwas wie eine Bergspitze zu sehen.
Ist das der Gipfel? Na fein, dann hab ich den jetzt gesehen, das genügt doch.
Niemand da, der mich motiviert. Das muss ich schon selbst tun. Nach einem
letzten Anstieg, tatsächlich, die Hochebene. Der Gipfel in Sicht, jetzt
aufgeben wäre doof. Also weiter, auch wenn es zum Kotzen anstrengend ist. Es
hat wohl doch seinen Grund, dass die Gruppe unten so langsam gestartet ist.
Oben
Punkt 8 Uhr. Oben. Erhebend, wenn rings um einen nur noch
Himmel ist. Ein paar Tränen, Andrea ist nicht bei mir. Das übliche Foto, sind
ja genug Leute hier. Dann steige ich wieder ab. Als ich das obere Ende der
Verseilung erreiche, treffe ich einen alten Bekannten, der Mann mit den
Atemübungen. In dem Moment, da er das Ende der Verseilung erreicht und sich
losmacht, fällt er wie ein Sack auf die Seite, wie ein luftleerer Sack. Sein
russischer Bergführer steckt sich zunächst in Ruhe eine Zigarette an und hängt
den Mann dann am Seilpfosten ein. Ich hocke mich neben den armen Kerl, er fragt
mich immer wieder, wie weit es noch sei. Der Bergführer sagt, er sei ein
„Englishman“. Wie weit es noch ist, will ich ihm nicht sagen, lache ich. Denn
es ist noch weit. Ich versuche ihn ein wenig aufzubauen. Wenn der Deutsche hier
hoch käme, dann doch der Englishman auch, oder? Er röchelt, er sei Israeli. Oh,
na dann schaffe er das sowieso, oder?
oben |
Runter geht schneller
Weiter unten treffe ich die deutsche Bergführerin mit der
ich starten durfte. Jaja, mir geht es gut!. Ein Stück weiter großes Hallo:
Alexej mit unseren russischen Botchi-Nachbarn. Weiter unten am Sattel sitzen im
Schnee die fünf Jungs, die direkt an den Botchis gestartet sind. Auf ihren
Gesichtern sind die 2000 gestiegenen Höhenmeter deutlich zu lesen. Respekt.
Almauftrieb vom Sattel Richtung Gipfel |
Kurz nach zehn Uhr bin ich wieder „Zuhause“. Wenn mir
jetzt einer eine Verzichtserklärung auf Bergsteigen in dieser Höhe hinlegte,
ich würde sofort unterschreiben, ich bin komplett im Eimer. Ausruhen geht aber
nicht. Die Sachen sind gepackt und das ganze Zinober des Gepäcktransports
hinunter ins Tal beginnt, wir verlassen das Basislager. Im Hotel gibt’s dann
nur noch eines: Duschen! Aus der Dusche falle ich direkt ins Bett und verpasse
die turbulente Abschiedsfete in der Kantine.
wieder runter |
Bis nächste Woche, Euer