Südalbanien. Foto: Zbulo.org |
Wir denken seit einiger Zeit darüber nach, nächstes Jahr
wieder nach Albanien zu reisen. Diesmal vielleicht auf eigene Faust. Was aber,
wenn wir uns im Gebirge verirren und keine Unterkunft mehr finden und nachts in
einer Schäfersiedlung stranden?
Kein Albaner wird dir je die Tür weisen. In
Albanien heißt es: dein Haus gehört nicht dir, es gehört Gott und dem Gast.Besonderes Gastrecht
Du wirst in Albanien nie abgewiesen wenn du um ein
Nachtlager bittest, die Schande für den Gastgeber würde ihn und seine Familie
ewig verfolgen. Selbst in der armseligsten Schäferhütte wäre immer Platz für
einen verspäteten Wanderer. Dieses Ritual der extremen Gastfreundschaft
wildfremden Menschen gegenüber ist nicht immer problemlos an den Albanern
vorüber gegangen. Der Gastgeber war für seinen Gast verantwortlich bis dieser
das Dorf verlassen hatte. Geschah dem Gast etwas, so konnte in alten Zeiten
eine Art Fehde daraus entstehen. Die Familie des Gastes hatte das „Recht“ der
Blutrache am Gastgeber. Es mag Fehden gegeben haben, deren Ursprung bald keiner
mehr kannte, die aber weiterlebten. Wie lebendig diese blutige Tradition heute
noch ist, bekommt man aus den Albanern nicht so recht heraus. So manche Kulla
steht noch, Türme in denen Mörder unterkommen konnten und wo sie nicht belangt
wurden, solange sie diesen nicht verließen.
Kulla, heute Museum. Foto: Misch |
What the f.... ist SUV?
Wir schaukeln heute verteilt auf drei Landrover eine
Piste entlang, die selbst den hartgesottenen unter uns feuchte Hände
verursacht. Wir vermuten, die Verteilung
ist nur Risikominderung, so stirbt nicht die ganze Reisegruppe beim Absturz.
Meine Frau fährt im Fahrzeug hinter mir, wieder Risikominderung. Es geht eine
Schlucht hinauf nach Theth, DEM Feriendorf Albaniens. Als es losgehen soll,
drängen sich noch Britta und ihre drei Kinder ins Fahrzeug, sie wollen auf
halber Strecke raus. Die Kinder sind zwischen 7 und 14 Jahre alt und wandern
freiwillig, was für eine Leistung! Britta schwäbelt, während sie gegen Knie und
Rucksäckle geschubst wird, dass sie mit den Kindern jedes Jahr nach Albanien
kommt. Wir betrachten den Abhang auf der rechten Seite und nicken.
Nur Mut!
Der
Landrover klettert in Schrittgeschwindigkeit durchs Gelände und hält an einer
Stelle, an der zwei Stahlröhren von etwa einem Meter Durchmesser über die
Schlucht gelegt sind. Hier müsse sie raus, sagt Britta. Drüben wohne sie. Unser
Fahrer bietet an sie mitzunehmen, sie können von Theth aus auf der anderen
Seite der Schlucht zurückwandern. Aber sie winkt ab, schnappt die Kinder und
klettert einen Abhang hinunter. Bald balancieren alle 4 auf den Stahlröhren
über die Schlucht. Die Kleinste kriecht auf allen vieren. Etwa 40 Meter unter
ihnen stürzt der Fluß durch die Schlucht. Wir schlucken und vergessen Fotos zu
schießen. Ich denke gerade daran, dass in Kassel die Brückengeländer über die
Fulda höher gesetzt wurden, damit niemand drüberfällt.
Lebensretter
Brittas Plätze werden von Sam und Jenny eingenommen, zwei
Studenten aus Israel, die seit zwei Wochen im Hochgebirge unterwegs sind und
auch nach Theth wollen. Aus Israel nach Albanien? Man spürt die Befangenheit
und ihre Suche nach einer geeigneten Antwort.
Das besondere Gastrecht der Albaner hat sie her geführt.
Kein Albaner wird dir je die Tür weisen, auch dann nicht,
wenn eine Besatzungsmacht dich verfolgt. Den Urgroßeltern von Sam und Jenny
rettete dieses Gastrecht 1943/44 das Leben. Ihnen und vielen andern.
Theth, neue Herberge. Foto: Zbulo.org |
Nächste Woche: Das Schäferdorf Doberdol, Bunker und Abschied aus Albanien
Den kompletten Bericht (alle bisherigen Teile) gibts entweder hier, oder einfach hier im Blog.